Tunesien

Tunesien liegt am Mittelmeer und grenzt im Westen und Südwesten an Algerien (965 km gemeinsame Grenze), im Südosten an Libyen (459 km). Die tunesische Küste ist 1148 km lang. Mit einer Fläche von 163 610 km² ist das Land knapp halb so groß wie Deutschland. Außer der Insel Djerba im Süden und den Kerkennah-Inseln vor Sfax gehören viele kleine Inseln wie Jalta, Zembra und Zembretta im Norden des Landes zum tunesischen Staatsgebiet.

Flagge

Die tunesische Flagge, die 1835 durch den Bey Hassan I. eingeführt wurde, zeigt einen roten Halbmond und Stern in einem weißen Kreis auf rotem Grund. Sie erinnert an die türkische Flagge, von der sie sich nur durch den weißen Kreis unterscheidet. Dies ist ein Verweis darauf, dass Tunesien früher Teil des Osmanischen Reiches war. Halbmond und Stern stehen für den Islam, Rot symbolisiert das Blut der Märtyrer und Weiß den Frieden. 

Staatswappen

Das Staatswappen ist dreigeteilt und zeigt eine Waage, einen Löwen, der ein Schwert trägt, und eine punische Galeere. Diese symbolisieren das Motto des Staates „Ordnung, Freiheit, Gerechtigkeit“, das auf Arabisch den Schild ziert. Über dem Schild befindet sich ein Kreis mit Halbmond und Stern in Weiß und Rot. Das Wappen wurde mit der Unabhängigkeit 1956 angenommen und seitdem nur geringfügig verändert.

Allgemeine Informationen

  • Offizieller Name: Republik Tunesien
  • Fläche: 163610 km²
  • Einwohner: 10,98 Mio. (2014)
  • Regierungssitz: Tunis
  • Amtssprache: Hocharabisch
  • Regionalsprachen: Tunesisches Arabisch, Französisch, Shilha
  • Tag der Unabhängigkeit 20. März 1956
  • Staatsoberhaupt Bei Caid Essebsi
  • Regierungschef Youssef Chahed
  • Politisches System semipräsidentiell
  • Geschätztes BIP 49,6 Milliarden US-$ (2014)
  • Pro Kopf Einkommen (Kaufkraftparität) 9400 US-$
  • Anteil alphabetisierte Erwachsene 74%
  • Bedeutende Religionen Islam (Sunni, mehr als 95%)
  • Bevölkerungswachstum: 0,92% (2014, geschätzt)
  • Städtische Bevölkerung 67%
  • Lebenserwartung 74 (m) / 78 (w) Jahre
  • Anzahl der Geburten 2,31 / Frau (2016)
  • Kindersterblichkeit 22 / 1000 Lebensgeburten
  • Währung Tunesischer Dinar (DT)
  • Wechselkurs 1 €pro 3,4598 DT (März 2019)
  • Zeitzone MEZ (UTC +1)
  • Landesvorwahl (Telefon) +216
  • Klima (für Hauptstadt) mediterran

Ethnische Herkunft

Die große Mehrheit der Tunesier (98%) identifiziert sich kulturell mit den Arabern, wenngleich Studien belegen, dass sie aus ethnischer Sicht den Berbern und auch den Iberern näher stehen, während der genetische Anteil der Araber, die die Region im 7. und 8. Jahrhundert besiedelten, geringer ausfällt. 

Einwohner

  • Tunesien hat knapp 11 Mio. Einwohner, von denen rund 2,5 Mio. im Großraum Tunis (in den Gouvernouraten Tunis, Manouba, Ariana und Ben Arous) leben. Rund zwei Drittel der Tunesier leben in Städten, wobei Sfax nach Tunis die zweitgrößte Stadt des Landes ist.
  • Gut die Hälfte der Bevölkerung ist jünger als 30 Jahre, die Lebenserwartung liegt bei 75 Jahren, die Alphabetisierungsrate bei rund drei Vierteln der Bevölkerung.

Für das Jahr 2007 wurde die Zahl der im Ausland lebenden Tunesier auf eine Million Personen geschätzt. Davon entfallen 84% auf Europa, 600.000 allein auf Frankreich, 143.000 auf Italien (etwa 10% der Bevölkerung in Sizilien sind tunesischer Abstammung) und 80.000 auf Deutschland. In Nordamerika leben 26.000 und in den arabischen Staaten insgesamt 140.000 Tunesier, davon 80% in Maghrebländern (überwiegend in den Nachbarstaaten Libyen und Algerien, wo sie sich als Nachbarn kulturell schnell integrieren können) und etwa 24.655 hochqualifizierte Arbeitskräfte in den Golfstaaten

Sprache

Tunesien ist unter den Maghreb-Staaten das aus linguistischer Sicht homogenste Land, weil fast die gesamte Bevölkerung Tunesisch-Arabisch spricht und auch das Schriftarabische, die offizielle Amtssprache des Landes, beherrscht. Für das Tunesisch-Arabisch, das eigentlich eine Mischung mehrerer Dialekte ist gibt es keine offizielle Regulierung. Es wird vor allem als Alltagssprache verwendet. Nur im Süden des Landes und auf der Insel Djerba werden noch vereinzelt berberische Dialekte benutzt. Französisch wird somit lediglich zu einem Symbol des höheren Bürgertums.

Religion

Der Islam ist in Tunesien Staatsreligion; 98% der Bevölkerung bekennen sich zu diesem Glauben. 85% der tunesischen Muslime gehören dem malikitischen Madhhab der sunnitischen Glaubensrichtung des Islam an. Der Rest sind Hanafiten und Ibaditen. Christen und Juden sind kleine Minderheiten, aber das Land war gegenüber religiösen Minderheiten vergleichsweise tolerant. Seit der Revolution 2011 erhalten radikale salafistische Strömungen starken Zulauf. 

Klima

  • Tunesien ist trotz seiner geringen Größe landschaftlich sehr abwechslungsreich. Der Norden wird dominiert von einer mediterranen, fruchtbaren Hügellandschaft mit Kiefern-und Pinienwäldern und dem Naturschutzgebiet des Lac Ichkeul, das vielen Vogelarten Zuflucht bietet. Auf der Halbinsel des Cap Bon im Nordosten des Landes wachsen Zitrusfrüchte, Gemüse und Wein, und die weiten Steppen in der Sahel-Region in der Mitte des Landes werden zum Anbau von Getreide und Oliven genutzt.
  • Die Wüste mit dem großen Salzsee Chott El Djerid macht rund ein Drittel der Fläche Tunesiens aus und erstreckt sich im Süden entlang der algerischen und libyschen Grenze. Der höchstgelegene Punkt ist der Berg Jebel Echchambi mit 1544m, der niedrigste befindet sich im Salzsee Chott el Gharsa mit -17m.

Bodenschätze

Tunesien verfügt über ein relativ geringes Vorkommen an Bodenschätzen. Im Süden des Landes, in der Gegend um Gafsa und Metlaoui, wird Phosphat abgebaut, außerdem gibt es dort Blei-, Eisenerz-und Zinkvorkommen. Tunesien verfügt außerdem über Erdöl-und Erdgasreserven. Die Angaben über das Erdölvorkommen variieren stark. Der Phosphatabbau ist einer der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren des Landes. Seit 2011 ist die Produktion eingebrochen und wegen häufiger Streiks zeitweise zum Erliegen gekommen.

Wirtschaft

  • Neben dem Bergbau, der einer der wichtigsten Sektoren der tunesischen Wirtschaft ist, spielen Landwirtschaft, Textilfabrikation und Tourismus eine wichtige Rolle für die tunesische Wirtschaft. Knapp 20 % der Beschäftigten sind in der Landwirtschaft tätig, rund ein Drittel in der Industrie, und die Hälfte im Service-und Tourismusbereich. Dieses Verhältnis ist seit 2005 weitgehend stabil. Im Service spielen vor allem nach Tunesien ausgelagerte Callcenter französischer Firmen und IT-Unternehmen eine große Rolle. Außerdem gründen sich seit 2011 immer mehr Start-Ups, so ein Bericht der GTAI.
  • Neben Datteln, dem wichtigsten Exportprodukt, produziert und exportiert Tunesien vor allem Oliven. Im Jahr 2015 wurde dabei ein Rekordumsatz erzielt. Langsam nimmt auch der Anbau von Bioprodukten in Tunesien zu, jedoch stellt die teure Zertifizierung für den europäischen Markt für viele kleinere Betriebe ein wirtschaftliches Hindernis dar.
  • Die staatlichen Subventionen, vor allem für Energie und Kraftstoffe, fressen regelmäßig Milliardenlöcher in den tunesischen Haushalt. Das System so zu reformieren, ohne dass Bedürftige darunter leiden, ist eine große Herausforderung mit großer gesellschaftlicher Sprengkraft.
  • Kraftstoffe und Grundnahrungsmittel sind subventioniert (dazu zählen u.a. Brot, Milch, Zucker, Mehl und Tomatenmark), sie dürfen nicht exportiert werden. Allerdings spielt Schmuggel aus und nach Libyen und Algerien vor allem im Süden und in der Region von Kasserine eine große Rolle. Verstärkte Grenzsicherungsmaßnahmen, um ihn zu unterbinden, bergen jedoch ein großes Risiko sozialer Instabilität, so Forscher. Korruption durchzieht nach wie vor weite Teile der Wirtschaft und des Zolls.
  • Der staatliche Mindestlohn wurde nach der Revolution von 225 auf 380 Dinar monatlich (umgerechnet rund 125 Euro) angehoben. Dies genügt kaum, um den Lebensunterhalt einer Person zu decken, geschweige denn davon eine Familie zu ernähren. Laut einer aktuellen Untersuchung des Sozialministeriums leben rund 24% der Bevölkerung in Armut, d.h. sie leben von weniger als dem staatlichen Mindestlohn. Offiziell lag die Arbeitslosigkeit 2013 bei 15,7%, in einigen Gouvernoraten im Landesinneren jedoch wesentlich höher. Laut Angaben des tunesischen Statistikamtes liegt die Arbeitslosigkeit von Akademikern bei über 25% (2012).

Ökologische Probleme

Tunesien steht vor einer Reihe ökologischer Probleme, die vor allem auf den Klimawandel und steigende Emissionen und Abfallprodukte auf Grund des starken Wirtschaftswachstums der 1990er und 2000er Jahre zurückzuführen sind. Die Emissionen von Treibhausgasen sind in den vergangenen vierzig Jahren kontinuierlich gestiegen, was neben der steigenden Motorisierung der Bevölkerung vor allem auf das Wachstum der Chemie-Industrie zurückzuführen ist.

  • Wassermangel
  • Desertifikation
  • Abfall-und Abwasserbeseitigung
  • Sondermüll 

Formaler Staatsaufbau

Tunesien ist in 24 Gouvernorate unterteilt, deren geographische Größe ihrer Einwohnerzahl angepasst ist. Die Regierung Ben Ali hatte seit 1989 die Dezentralisierung der Verwaltung vorangetrieben, dabei allerdings Doppelstrukturen geschaffen, die die Kontrolle der lokalen Behörden durch das Innenministerium gewährleisteten. Die neue Verfassung sieht eine Dezentralisierung und größere finanzielle Unabhängigkeit der Regionen vor. Mit den ersten freien Kommunalwahlen in der Geschichte des Landes im Mai 2018 und einem Gesetz zur Umstrukturierung der Gebietskörperschaften wurden erste Schritte dafür unternommen.

Sicherheitskräfte

Die tunesischen Sicherheitskräfte sind dreigeteilt:
• Polizei
• Nationalgarde
• Militär
Die Polizei wird in Städten, die Nationalgarde auf dem
Land eingesetzt. Beide unterstehen dem Innenministerium.

Die Armee, die rund 30 000 bis 40 000 Mann stark ist, wird in Tunesien als Garant der Stabilität gesehen. Ihre Opposition zur Partei hat Geschichte und ist nicht erst mit der Revolution aufgetreten. Während das Militär, das sich im Verlauf der Geschichte meistens gegen die Polizei gestellt hat, hohes Ansehen genießt, haben die Tunesier wenig Vertrauen in die Polizei.

Geschichte

Das Land unterlag im Laufe seiner Geschichte dem Einfluss mehrerer Völker. Ursprünglich war es von den Berbern besiedelt. Um 800 v. Chr. gründeten die Phönizier erste Niederlassungen im tunesischen Küstenstreifen. Die Römer gliederten es in ihre Provinz Afrika ein. Das Christentum herrschte in der Folge bis zur Arabisierung ab dem 7. Jahrhundert vor. Eine kulturelle Blütezeit erlebte die Region im 12. Jahrhundert. Im 16. Jahrhundert begann die Herrschaft des Osmanischen Reiches, die bis zum Ende des 19. Jahrhunderts andauerte, als das Land französisches Protektorat wurde. Seine Unabhängigkeit erlangte Tunesien im Jahre 1956. 

Bauern und Hirten (ab etwa 6000 v. Chr.)

Phönizier, Karthago (ca. 1000 bis 146 v. Chr.)

Römische Provinz Africa (146 v. bis 439 n. Chr.)

Christianisierung (ab dem späten 2. Jahrhundert)

Vandalenreich (439 bis 535)

Ostrom-Byzanz (533 bis 697)

Arabische Expansion, Islamisierung, Charidschiten (ab etwa 670)

Osmanen (1574 bis 1790 bzw. 1881)

Herrschaft der Beys oder Husainiden (1705 bis 1957)

Staatsbankrott, französisches Protektorat (1881 bis 1956)